Die Bauphasen der alten Lösnicher Pfarrkirche

Bis 1881 stand die alte und ehemalige Lösnicher Pfarrkiche auf dem heutigen Friedhof inmitten der Grabstätten. Die Gräber der Pfarrer befanden sich in der Regel nahe dem Altarraum, also um Chor und Apsis. So auch in Lösnich, wie noch an einigen vorhandenen Pastorengräbern zu erkennen ist. Das Patronat der Kirche befand sich seit 1252 in der Hand des Deutschen Ordens. Die Ritter von Lösnicher und die später folgenden adligen Grundherren der Herrschaft Lösnich waren hier seltsamerweise nie beteiligt. Sie hatten das Patronatsrecht der Pfarrkapelle im nahegelegenen Bausendorf, das zur Herrschaft Lösnich gehörte. Die Ritter Beyer von Boppard hatten als Grundherren im 16. Jahrhundert ihren eigenen Schlossalter in der Burg in Lösnich, wo ihnen durch einen selbst eingesetzten Geistlichen regemäßig die Messe gelesen wurde. Diese Altar, der sogenannte St. Johannesaltar fand wohl nach der 1652 erfolgten Zerstörung der Burg seinen Weg in die Lösnicher Pfarrkiche und diente dort versehen mit einer Meßstiftung durch die jeweilige Herrschaft als rechter Seitenalter.

Die erste Erwähnung der Lösnicher Kirche geht zurück ins 11. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Beisetzung des designierten, aber 1066 bei Ürzig ermordeten Trier Ezbischfs Kuno von Pfullingen vor der Lösnicher Kirche. Einige Zeit später wurde er jedoch umgebettet in die Abtey Tholey im heutigen Saarland.
Die Friedhofskapelle ist die noch erhaltene historische Bausubstanz dieser ehemaligen Lösnicher Pfarrkirche St. Vitus. Nach dem erfolgten Neubau der Kirche in Dorfmitte mit seiner Grundsteinlegung 1879 wurden Schiff und Turm der alten Kirche nach 1881 niedergelegt. Chorraum und Apsis blieben jedoch vom Abriss verschont und bilden heute ein historisches Kleinod auf dem Lösnicher Friedhof. Der eindrucksvolle Haupteingang der alten Kirche mit dem schönen Deutschordenswappen wurde in den zugemauerten Bereich des ehemaligen Triumphbogens integriert und dient heute als Portal der Friedhofskapelle.

Der noch erhaltene Chor der 1881 niedergelegten Pfarrkiche auf dem Lösnicher Friedhof (Foto Jürgen Schmid)

Nach Stephani (ortsgeschichtliche Anmerkungen um 1860, Akten im LHA Koblenz, Best. 701, Nr. 836 S . 10-14) trug ein Chorfenster das Kesselstattsche Wappen als Schmuck.

Das Wappen der Reichsgrafen von Kesselstatt, heute am Lösnicher Hauptaltar (Foto Jürgen Schmid)

An der Decke befanden sich sich zwei weitere Wappen. Eines davon war das Wappen des Landkomturs Lothar Braun von Schmidtburg von der Deutschordenskommende Beckingen (Amtszeit 1645-1687). Das Wappen des Lothar Braun von Schmidtburg befindet sich auch noch an einer Hausfassade  des Anwesens Tine in Beckingen.

Im linken Chorfenster soll sich das Hochmeister Wappen des Deutschen Ordens mit dem Adler im Herzschild befunden haben. Das Amt des Hochmeisters war das höchste Amt im Deutschen Orden.  Dieses Wappen schmückte 1638 auch das Hauptportal der Kiche und wurde mit dem Eingangsportal  1881 in die Frontseite der Kapelle eingelassen. Von 1627-1641 begleitete Johann Kaspar von Stadion das Amt des Hochmeisters, während der 30-Jährige Krieg das Land überzog (1618-1648).

Das Hochmeister Wappen am Kapellenportal des 1638 amtierenden Hochmeisters Johann Kaspar von Stadion in Heldenberg in Niederösterreich (Q. Wikipedia)

Heute befindet sich im Schlussstein des Chorgewölbes das Wappen des Deutschordenskomturs der Ballei Lothringen Kommende Beckingen und Trier, Philipp Bernhard von Lontzen genannt Roben (Amtszeit 1636-1645

Komturswappen des Philipp Bernhard Roben von Lontzen im Schlussstein der Chorschlusses (Apsis) und eine Rosette mit unbekannter Bedeutung im Schlussstein des Chores selbst.
Rosette mit unbekannter Bedeutung im 2. Schlussstein des Chores.

Außenansichten der Kapelle

Vor der  Renovierung 1980 fehlte das vordere linke Chorfenster (Aufnahme um 1980). Im Rahmen der Renovierung wurde das Fenster hinzugefügt, das Dach neu eingedeckt und die alten Bodenplatten aus Sandstein wurden durch neue ersetzt.

Aufnahme um 1980 vor der Renovierung mit fehlendem Chorfenster (Foto Jürgen Schmid)
Aufnahme der Kapelle von Osten nach der Renovierung 1980 (Foto Jürgen Schmid)

Auf einer Ansicht von Süden im Jahre 2020 fällt das Maßwerk des spätgotischen Fensters mit der seltenen Herzornamentik sofort ins Auge. Es stammt noch von der ehemaligen Kirche.

Kapelle von Süden mit altem Kirchenfenster (Foto Jürgen Schmid)
Seltene gotische Herzornamentik im Chorfenster (Foto Jürgen Schmid)
Vergleich Fenster mit Herzornamentik an der Liebfrauenkirche Koblenz (Foto Jürgen Schmid)

An der Norseite des Chores befand die ehemalige Sakristei.  Das Fenstermaß mit Dreipass Ornamentik stammt aus dem Schiff der ehemaligen Kirche und wurde hier beim Abriss desselben eingesetzt.

Nordseite der Kapelle 2020 (Foto Jürgen Schmid)
Gotisches Maßwerk mit Dreipass (Foto Jürgen Schmid)

Ansicht von Westen  2019, noch zu erkennen der hier bereits überstrichene Triumphbogen. Über der Eingangstür das Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens mit der Jahreszahl 1638.

Eingangsportal unter dem Triumpfbogen der ehemaligen Kirche mit der Jahreszahl 1638 (Foto Jürgen Schmid)

Ein schnell übersehbares Detail neben dem rechten Chorfensters ist eine kleine Sandsteinskulptur, die als „Engelsköpfchen“ interpretiert wurde.  Diese kleine Skulptur wurde beim Neuanstrich bei der Renovierung 1980 wahrscheinlich als nicht sehr bedeutend eingestuft, so dass man sie einfach übermalte. Bei genauerer Betrachtung könnte es sich jedoch um eine Darstellung des Kopfes des Erzengels Raphael handeln, der gerne mit einem Fisch dargestellt wurde.

Raphael gilt in der christlichen Tradition als der Schutzpatron der Kranken und Apotheker, als der Engel der heilt. Sein Name bedeutet im Hebräischen „Gott heilt“ oder „Gott hat geheilt“. Auch als Patron der Reisenden und Pilger wird er verehrt, wie auch der Dachdecker und Bergleute (Quelle Wikipedia)

Das Engelköpfchen an der Außenfassade (Foto Jürgen Schmid)
Platzierung des Köpfchens rechts oben am rechten Seitenfenster (Foto Jürgen Schmid)

Ein auf den ersten Blick eher ungewöhnliches Gitterfenster zeigt sich am zur Sicherung der Statik des alten Chorraumes angebrachten Strebepfeilers auf der rechten Chorseite. Es handelt sich hier um die sogenannte Sakramentsnische, die etwa seit dem 12. Jahrhundert in den Kirchen als ständiger Aufbewahrungsort der  konsekrierten Hostien z.B. für die Sterbekommunion genutzt wurde, wie auch für die Taufutensilien. Das Vorhandensein dieser Sakramentsnische sagt damit auch etwas über das Alter des Kirchengebäudes aus.  Denn seit dem Konzil von Trient 1545-63 galt die verpflichtende Anordnung, diese Nischen nicht mehr zu nutzen. Stattdessen wurde als neuer Aufbewahrungsort der Tabernakel auf dem Altar vorgeschrieben. 1614  wurde die Nutzung der Sakramentsnischen durch Papst Paul V. vollends verboten (Quelle Internet, Dorfkirche Teltow/Brandenburg und Wikipedia).

Es ist davon auszugehen, dass beim Bau der Strebepfeiler im Jahre 1931 die alte noch im Innern der Kapelle vorhandene Sakramentsnische hier zur Erinnerung  eingelassen wurde. Dieser Vorgang ging wohl einher mit der Errichtung der Gefallengedenktafeln der beiden Weltkriege rechts und links unter den Chorfenstern (Quelle Internet, Dorfkirche Teltow/Brandenburg und Wikipedia)

Eingelassene ehemalige Sakramentsnische aus dem Innenbereich des Chores (Foto Jürgen Schmid)
Das Eisengitter der Sakramentsnische (Foto Jürgen Schmid)

Außenansicht der alten Kirche

Rekonstruktionsversuch zum Aussehen der ehemaligen Kirche (Jürgen Schmid)

Nach dem Preußischen Urkaster von 1829 (Quelle LHA Koblenz, Außenstelle Kobern-Gondorf) mit Grundrissdarstellung  hatte das Schiff etwa die Außenmaße von ca. 14 x 14 Metern. Der Turm war durch die 1662 erfolgte Verlängerung der Längsseiten des Schiffes bis zu Westseite nicht mehr freistehend. Die Sakristei befand sich westseitig am Chor, das Beinhausgewölbe an der Südseite.

Die durch den Autor persönlich vor Ort ermittelten Maße bestärken die Vermutung, dass vorgefundene vorhandene Grundmauern eines Vorgängerbaus (z.B. einer Apsis einer römischen Badeinrichtung ganz bewusst genutzt wurden.
Möglicherweise wurde auch beim anschließenden Langhaus (Schiff)  nicht davon abgewichen. Das zeigt sich bei einem Vergleich mit alten vorliegenden Handskizzen zum Verlauf der Grundmauern.

 Der Triumphbogen, der  den sakralen Raum (Chor und Chorschluss/Apsis) von dem für alle Gottesdienstbesucher betretbaren Raum (Langhaus/Schiff) trennt, ist noch heute in der Portalwand oberhalb der Eingangstür außen und innen gut zu erkennen. Diese Wand mit dem Triumphbogen scheint schon vor dem Neubau des Schiffs im Jahre 1638 so existiert zu haben. Auch seine Ausrichtung  scheint sich an die gleichen bereits vorhandenen Grundmauern orientiert zu haben und ein Abweichen davon hat wohl auch hier nie nicht stattgefunden.

Blick von Osten auf den übermalten alten Triumpfbogen (Foto Jürgen Schmid)

Die Höhe Unterkante Triumphbogen vom Fußboden betrug 5,20 m. Die Höhe des ersten Bogensteins links wie
rechts betrug 2,90 m. in der Innenansicht des Bogens sind noch deutlich übermalte Strukturen von Schrift- oder sonstigen Zeichen zu erkennen. Hier besteht noch Untersuchungsbedarf.

Der noch sichtbare Verlauf des Triumpfbogens in der Innenansicht (Foto Jürgen Schmid)

Der Vergleich mit römischen Triumphbögen lässt die Frage offen, ob hier womöglich auch ein noch vorhandener Rundbogen aus römischer Zeit mit in den Bau der ersten frühen Kirche integriert wurde. Ein antiker römische Tor- oder Triumphbogen in Cabanes in der Provinz Castellon in Spanien zeigt eine recht hohe Ähnlichkeit mit dem der alten Lösnicher Kirche. In Canabes zierte der wohl im 2. Jahrhundert errichtete Bogen wohl eine private römische Grabanlage, die an Via Augusta lag, einer ehemaligen römischen Fernverkehrsstraße (Quelle http://tommr.net). Beim Bau des Bogens in Cabanes wurde typischer Weise kein Mörtel verwendet. Die Höhe beträgt heute etwa 6 m.

Mögliches Szenarion zur Entstehung von Chor und Apsis in Lösnich (Jürgen Schmid)
Rekonstruktion eines esistierenden wiederverwendeten Torbogens der Römer (Jürgen Schmid)

Eine nähere Untersuchung des heute noch vorhandenen Triumphbogens am Kapellenportal könnte Gewissheit schaffen, ob derselbe antiken Charakter hat und in den Bau der frühen Kirche integriert wurde.

Zeittafel zu den Bauphasen der ehemaligen Pfarrkirche

JahrVorgang
1066Die Beisetzung des an der Ürziger Urley ermordeten designierten Erzbischofs von Trier, Kuno von Pfullingen bei der Kirche in Lösnich führt zur ersten Erwähnung der Kirche.
1131Papst Innozens II. bestätigt dem Cassiusstift in Bonn seine Besitzungen, wobei auch die Kirche von Lösnich genannt wird.
1182Laut einer Urkunde Friedrichs I. gehört das Patronat in Lösnich  zur Reichsabtei  St. Maximin, dem größten und einflussreichsten der vier Benediktinerklöster in Trier. Von hier gelangt es in den Besitz der Benediktiner in Mönchengladbach. Als früheres 2. Kirchenpatronat  soll es das Patronat  der Hl. Markus gegeben haben. Am Hochalter der Kirche war auf der Evangelienseite das Bild des Hl. Markus.
1241Verkauf an Heinrich und Mechthild von Sayn samt  Patronat zu Lösnich für 900 Mark (170 kg Silber).
1252Schenkung der Pfarrkirche mit Patronat und den Filialkirchen Erden, Rachtig und Zeltingen an den Deutschen Orden durch Mechthild von Sayn, der Witwe von Heinrich.
1500Oder früher Errichtung des Chores mit spätgotischem Fenstermaßwerk mit Herzornamentik. Im Schlussstein Wappen eines Deutschordenkomturs.
1516Beteiligung an den Kosten für Turmbau und Anschaffung einer neuen Glocke von Nachbarort Erden verweigert.  Es erfolgte eine Einigung, dass die Lasten gemeinsam getragen werden.
1604Neubau des Turms auf der Westseite der Kirche
1612Reparaturarbeiten an der Kirche zu Lösnich. Meister Hans, Schreiner aus Bruch erstellt dazu ein Holzgestell um den Altar von Lösnich. In den Vorgang war Ferndinand Freiherr zu Chrichingen mit eingebunden.
1638Neubau des Kirchenschiffs durch den Landkomtur der Ballei Lothringen, Bernhard von Lontzen, genannt Roben.
1662Erweiterung des Kirchenschiffs auf der Südseite und Verlängerung auf beiden Seiten des Turms bis zur Westseite.
1699Tragen der Kosten für eine Kirchenfahne durch den Deutschen Orden als Patron (Bestätigt durch die Synodalen/Kirchenscheffen Bernard Schurph, Nikolaus Schmidges, Michael Herriges als Zender in Lösnich)
1711Stiftung eine Frühmesse in St. Vitus durch den Mainzer Kaufmann Johannes Weingärtner (gebürtig aus Lösnich)
1730Streit mit Frühmesser Jacobs aus Erden wegen sehr schlechtem Zustand der Sakristei,
laut Visitationsbericht von 1685 hat der Patron (Dt. Orden) für Bau und Unterhalt  von Schiff und Chor der Kirche zu sorgen, die Pfarrkinder für Turm und und Beinhaus (vermutlich wurde ein Hinweis zur Sakristei vergessen).
1811Reliquie des Hl. Severus wird vom damaligen Pfarrer in Ehrenbreitstein bei Koblenz Pfarrer Meyer in Lösnich übergeben. 1825 erteilt Josef Hommer, jetzt Bischof von Trier die öffentliche Verehrung der Reliquie in der Pfarrkirche in Lösnich. 1911 veranlasst Pfarrer Simon, dass die Reliquie mit der Stiftungsurkunde in einem schönen Metallschrein verschlossen wird. Auf der Frontseite soll der Heilige mit einem Spaten dargestellt sein.
1879Mit dem Neubau der Pfarrkirche in Dorfmitte wird 1871 der Pfarrdienst in der Kirche beendet
1881Abriss der  Kirche bis auf den Chor durch einen Kindeler Bauunternehmer. Ein Fenster aus dem Schiff wird nach Abriss der Sakristei über der ehemaligen Tür in den Chorraum eingelassen. Das alte  Hauptportal des niedergerissenen Schiffs wird als Eingang in die den als Friedhofskapelle dienenden Chor wiederverwendet. Über der Tür erinnert das Wappen des Deutschordens an den ehemaligen Patron der Pfarrkirche.
In der Französischen Zeit (1794-1815) wurde im Rahmen der Säkularisation die bisherigen kirchlichen Strukturen auf gelöst. 1803 wurde Lösnich eine eigenständige Pfarrei. Die Besoldung des  Pfarrers musste die Gemeinde übernehmen.
1931Sicherung des Baus durch zwei zusätzliche  Strebepfeiler links und rechts des Eingangs.
1981Umfassende Renovierung und Austausch der alten Mensa (Altartisch) durch eine Konsole als neuer Standort für die Pieta.

Standort der Kirche

Die Kirche befand sich im Mittelalter außerhalb des Ortskerns auf eine leichten Anhöhe in Richtung
Westen. Damit reiht sie sich ein in die Standortbesonderheit der alten Kirchen in Kröv und Rachtig.
Diese befanden sich auch außerhalb der heutigen Ortskerne. Weitere Beispiele bilden die Paulskirche in Lieser und die Bartholomäus Kapelle in Heinzerath bei Olkenbach. Diese frühen Gotteshäuser gehören zu den ältesten in der Moselregion. Die Frage nach der Entstehungszeitzeit kann nicht eindeutig beantwortet werden.

Die Christianisierung der Moselregion geht vermutlich zurück  ins 4.-6.Jh.  mit dem Ausgangspunkt Trier. Hier ist schon zum Ende der Römerzeit im  5. Jh. ein Bischofssitz belegt. Durch den Einfall germanischer Stämme war um 470 das Ende der Römerzeit besiegelt. Viele Siedlungen mit gallorömischen Bewohnern wurde eingenommen und auch gebranntschatzt. So auch das ehemalige römische Landgut am Kluckert im Lösnicher Hinterwald. Eine weiteres römisches Herrenhaus befand sich hoch über Kindel unweit der Böngertsbach.

Funde von Tonscherben, Ziegeln und Verputz- und Estrichresten auf dem Lösnicher Friedhofsgelände sprechen deutlich dafür, dass auch hier einmal ein römisches Gebäude stand.

Funde römischer Ton- und Ziegelreste auf dem Lösnicher Friedhof (Foto Jürgen Schmid)

Alte römische Fundamente wurden hier von den Erbauern der frühen Kirche genutzt, um auf „heidnischer Erde“ das Gotteshaus zu Errichten.  Dieses Vorgehen war sehr verbreitet, konnten so doch vorhandene Ressourcen an Baumaterial eingesetzt eingesetzt werden und die Kosten für teure Fundamente gering gehalten werden. Profane Bauten, also die Häuser der Bewohner wurden noch lange im Pfosten und Fachwerkbau errichtet. Erste Steinbauten nach der römischen Zeit bildeten frühen Kirchen und die befestigten Burgen ab dem 11. Jahrhundert.der. Das nach der Römerzeit verlorengegangene Wissen zur Herstellung von Mörtel  wurde erst im 6 Jahrhundert wieder erlangt. Die zerfallenen Häuser der gallorömischen Bevölkerung wirkten für die neuen Landbewohner (fränkische Landnahme Ende des 5. Jh.) eher unheimlich und befremdlich.

Die Ruinen römischer Landhäuser und Badeanstalten mit ihren bekannten Grundrissen boten ideale Bedingungen für ein Kirchenfundament. Gerne wurden dabei die apsiden Elemente des Badbereichs für das Chorfundament genutzt, woran sich Kirchenschiff und der Turm anschlossen. Besonders von Vorteil war es, wenn sich der apside Bereich in Richtung Osten orientierte.

Pfarrpfründe Aufm Wittum

In unmittelbarer Nachbarschaft der alten Kirche befindet sich eine Gemarkung mit der Bezeichnung „Aufm Wittum“. Besitzer dieser recht großen Parzelle waren 1829 die Lösnicher Grundherren, die Reichsgrafen von Kesselstatt. Die Existenz dieser Parzelle könnte mit ein wichtiger Hinweis zur Entstehung der Lösnicher  Pfarrkirche sein. Die Pfarrpfründe eines Wittum bildeten seit dem Mittelalter die Grundlage zur Versorgung des amtierenden Pfarrers.

Das Eigenkirchenrecht

Das Recht zum Kirchenbau hatten im frühen Mittelalter auch Laien, Grafen und Herzöge, in der Regel also die örtlichen fränkischen Grundherren. Sie konnten  für diese „eigene Kirche“ den Pfarrer einsetzen und waren für alle Aufbau- und Erhaltungskosten verantwortlich.  Die Blütezeit der Eigenkirchen geht zurück ins 9.-10. Jahrhundert.

Dies stieß jedoch mehr und mehr auf den Widerstand der Klerus und der Bischöfe. So wurde im 12. Jh. das Eigenkirchenrecht in das sogenannte Patronatsrecht gewandelt. Alle mit der Kirche verbundenen Ämter verlieh nun der Bischof. Die Schirmherrschaft über das Patronat lag weiter beim Grundherrn,  der auch das  Vorschlagsrecht für den Pfarrer behielt. Mit dem Patronat war jedoch die Kirchenbaulast und die Besoldung des Pfarrers verbunden.

Dieses Patronatsrecht konnte weitergegeben und verkauft werden. So wechselte auch das Patronatsrecht der Lösnicher Kirche mit den dazugehörigen Einkünften und den Filialen, Erden Rachtig und Zeltingen des Öfteren seinen Besitzer. Nachgewiesene Eigentümer waren:

  • 1131 St. Cassius Stift in Bonn
  • 1182 Reichsabtei St. Maximin in Trier (Benediktiner)
  • Abtei Mönchengladbach (Benediktiner, möglicher Weise Quelle  des Lösnicher St.Vitus Patroziniums)
  • Graf Heinrich von Sayn und Ehefrau Mechthild (Kauf von Mönchengladbach)
  • 1252 Deutsche Orden (Schenkung durch Ww. Mechthild von Sayn)

Dass für die Lösnicher Kirche Pfarrpfründe in Form eines Wittums existierten,  spricht dafür, dass diese Kirche schon sehr alt ist und ihre Entstehung in die Zeit des Eigenkirchenwesens im 9.-10. Jh. zurückreichen könnte.

Dieses Wittum von Lösnich in einer freien Reichsherrschaft mit einem ortsansässigen Rittergeschlecht (erstes urkundliches Auftreten im 13. Jh.) könnte ein Indiz dafür sein, dass sie ihren Anfang als Eigenkirche der damaligen Grundherren genommen haben könnte, von wo sie im 12. Jahrhundert zur Zeit der Ablösung des Eigenkirchenrechts ins Patronatsrecht  in den Einzugsbereich des Cassiusstifts in Bonn gekommen war.

Die Zeit der Christianisierung des Moselraums wird ins 6. Jh. n. Chr. datiert. Sie erfolgte durch Mönche und Prediger.  Als erster früher Bischof der römischen Moselmetropole Trier wird Agritus genannt. Er wurde ernannt von Helena, der Mutter des Kaisers Konstantin. Während seiner Amtszeit entstand die „Mailänder Vereinbarung“, die im Römischen Reich die Religionsfreiheit einführte. Damit wurde das Christentum wichtigste Religion. Agritius  hatte das Bischofsamt Amt von 330 bis 332 inne und ist beerdigt in der ehemaligen Reichsabtei St. Maximin in Trier. Diese Abtei  war 1182 auch im Besitz des Patronats von Lösnich.

Die ersten frühen Kirchen wurden bevorzugt in oder auf ehemaligen „heidnischen Kultstätten“ errichtet, auf markanten Bergkuppen oder  Hainen .

Frühe christliche Funde wurden vereinzelt gemacht in Kobern-Gondorf (datiert ins 4. Jahrhundert), in Boppard (5. Jh.) und in Treis-Karden in St. Kastor (6. Jh.).

Allgemein gilt, dass sich ab dem 6. Jh. auch im ländlichen Moselgebiet das Christentum verbreitete und erste Kapellen und Kirchen entstanden.