Wälle und Gruben auf der Zeltinger Höhe

Unweit von „Not Gottes“ befindet sich ein auffallendes Wallsystem bestehend aus zwei Aufschüttungen, die im 45 Grad Winkel aufeinander zulaufen. Im Innenbereich dieses sich bildenden „Dreiecks“ mit einer Schenkelbreite von 40-50 Meter wurde in neuerer Zeit zwischen 1995-2010 wohl Schutt und Grünschnitt entsorgt.

Wallabschnitt auf der Zeltinger Höhe (Foto Jürgen Schmid)

Die Höhe des Walls beträgt stellenweise über 2 Meter. Über die Entstehung und die ursprüngliche Funktion des Walls ist bisher nichts bekannt.

Ortslage des Walls im Zeltinger Berg (Skizze Jürgen Schmid)

Möglicherweise bezieht sich eine Markierung in einer Tranchot-Müffling Karte (Entstehungszeit 1811) auf dieses Wallobjekt. Zu einem Hinweiszeichen an eben dieser Stelle, bestehend aus einem Viereck mit zwei nebeneinander gestellten Dreiviertelkreisen im Innern des Vierecks fehlt jedoch die Zeichenerklärung in der Legende der Karte. Die Karte wurde begonnen in der französischen Zeit 1794-1815 im Jahre 1803 und durch die Preußen bis 1820 weiter bearbeitet. Legenden und Zeichenerklärungen Preußischer Karten könnten hier eventuell weiterhelfen. Das Viereck wird hier eingesetzt bei der Verortung „Alter Schanzen“, die geöffneten Dreiviertelkreise werden verwendet bei Gruben. Das können Sand-, Kies- oder auch andere Gruben sein. Da sich das „Wall- oder Schanzsystem in einem bergbaulichen Umfeld keltischer Eisenerzgewinnung und Verarbeitung befindet, worauf das gehäufte Auftreten von sogenannten Schachtpingen in der nahen Umgebung hinzuweisen scheint, könnte es sein, dass es sich hier um den Schutz einer bergbaulichen Anlage aus der Kelten- oder Römerzeit handeln könnte. Da das Innere der Schanzanlage zwischenzeitlich jedoch mit Schutt und Abfall gefüllt ist, kann dies durch bloße Inaugenscheinnahme leider nicht mehr bestätigt werden. Hierzu wären aufwendigere Bodenbewegungen erforderlich.

Die sich vom Umfeld abhebende Wall im Zeltinger Wald (Foto Jürgen Schmid)

Da keine Bodenvertiefungen außen vor dem Wall sichtbar sind, stammt das Material zur Erstellung des Walls wahrscheinlich auch nicht aus der direkten Wallumgebung. Es bleibt die Möglichkeit, dass es aus dem inneren Bereich des Wallsystem gewonnen wurde, was sich im nun verfüllten Zustand jedoch nicht mehr ohne größeren Aufwand feststellen lässt.

Auf dem Kamm des Wall. (Foto Jürgen Schmid)

Wallabschnitt mit einer Höhe von gut 2 Metern. (Foto Jürgen Schmid)

Möglicherweise wurde das Gruben-Wallsystem in früheren Zeiten auch einmal als „Wolfskaul“ weiter genutzt zum Fangen von Wölfen. Auf einer historischen Karte des kurkölnischen Amtes Zeltingen aus dem Jahre 1652 findet sich in diesem Umfeld ein Grenzstein an der „Wolfskaul“ eingetragen.

Die Lage derartiger Objekte in dicht bewaldeter Umgebung führt oft dazu, dass sie erst gar nicht entdeckt werden und so Jahrhunderte ohne große Veränderungen „überstehen“. Abseits von Flurwegen und ausgewiesenen Pfaden ist es eher dem Zufall überlassen, ob jemand doch darauf aufmerksam wird. Sogleich stellt sich die Frage, ob es sich um eine vielleicht etwas auffällige aber durchaus natürliche Geländestruktur handelt, oder um eine durch Menschenhand künstlich angelegte, die einem ganz bestimmten Zweck diente. Oft fehlen Einträge in historischen Flur- und Katasterkarten, was die Einordnung derartiger Objekte nicht einfacher macht.

Um jedoch auf solche auffälligen Gelände- oder Oberflächenstrukturen aufmerksam zu werden, bietet sich die gezielte Auswertung von Geländekarten mit hinzugefügtem Schummerungsprofil an, wie sie auch vom Rheinlandpfälzischen Landesamt für Geologie und Bergbau bereitgestellt werden. Diese Karten, die unter Nutzung der sogenannten LIDAR-Scan-Technik hergestellt wurden, bilden Oberflächenstrukturen mit Höhen und Tiefen ab, wobei der Bewuchs ausgeblendet bleibt. Abhängig vom Auflösungsgrad des „Schummerungsprofils“ können so sehr gut Unebenheiten im Gelände sichtbar gemacht werden, was auch zum Erkennen des oben beschriebenen Wallsystems führte. LIDAR steht dabei für „Light Detection and Ranging“.

Wichtig scheint, dass solche „Auffälligkeiten“ im Gelände, die in keinem Kartenmaterial explizit dokumentiert sind, registriert und in der Folge fachkundig bewertet werden, da es sich vielleicht um erhaltenswerte Bodendenkmäler handeln könnte. Das Ziel wäre zu vermeiden, dass solche auffällige Strukturen nicht durch Zufall, Unbedachtheit oder fehlendem Wissen darüber bei Baumaßnahmen im Gelände oder bei Forstarbeiten mit „schwerem Gerät“ unbewusst zerstört werden und damit für immer verloren gehen.

Pingen und Gruben

Unweit des Wallsystems befinden sich in südöstlicher Richtung mehrere Pingen und eine Grube. Als Pingen bezeichnete man kleine trichterförmige Gruben zur Eisenerzgewinnung. Sie sind auf dem Zeltinger und Lösnicher Berg sehr häufig anzutreffen und können als Zeugen des keltischen und römischen Bergbaus zur Eisenerzgewinnung gewertet werden. Die Kelten waren bekannt als hervorragende Eisenschmiede und die Qualität ihrer Eisenschwerter genoss einen ausgezeichneten Ruf. Ihre einfache Verhüttungstechnik beruhte auf dem „Rennofenverfahren“. Mittels eines aus Lehm gefertigten bis zu 2 Meter hohen Schachtofens gewannen Sie das Eisen aus mehreren geschichteten Lagen bestehend aus Brennmaterial (Holzkohle) und Eisenerzsteinen. Bei einer Betriebstemperatur von bis zu 1350 Grad schmolzen die Eisenanteile aus dem Gestein und ronnen zu Boden, wo sie in Form eines, der sogenannte Luppe das Endprodukt des Vorgangs bildeten, das den keltischen Schmieden als Rohstoff zur Herstellung ihrer Eisenwaren diente.

Das benötigte Erzgestein bestand beispielsweise aus demn nahe an der Erdoberfläche liegenden Raseneisenstein. Die bereits beschriebenen Pingen können aber auch als Einstiegslöcher zu tiefergelegenen Erzflözen gedient haben, womit die benötigten Erze auch unter Tage gefördert wurden.

Mögliche Pinge auf dem Zeltinger Berg in der Nähe des Walles (Foto Jürgen Schmid)
Modellskizze zum Aufbau einer Pinge (Skizze Jürgen Schmid)

Die heute in manchen Stellen im Wald noch immer erkennbaren Aufschüttungen (Halden) des „tauben Gesteins“ einer Pinge lassen erst vermuten, dass es sich einfach nur um eine Dachs- oder Fuchsbau handelt. Und tatsächlich werden diese Pingen heute auch durchaus von Dachsen oder Füchsen genutzt, um vielleicht schon vorhandene Höhlensyteme einer „anderweitigen Nutzung“ zuzuführen.

So lassen sich mittels der bereits beschriebenen „Schummerungskarten“ basierend auf der Nutzung der „LIDAR-Technologie“ im Zeltinger-Rachtiger, Erdener, Lösnicher und Wolfer Berg gezielt Gemarkungsbereiche verorten, die ein besonders hohes Pingen- und Grubenaufkommen zeigen. Die Pingen sind im Oberflächenmodell gut erkennbar als kleine kreisförmige Erhebungen.

Eine größere Grube unweit des Wallsystems könnte ebenfalls auf bereits keltischen Bergbau verweisen.

Zugang zur Grube (Foto Jürgen Schmid)
Blick aus dem Innern auf den Grubenrand mit seinem hohen Gesteinsanteil (Foto Jürgen Schmid)
Ein Höheleingang an der Grubeninnenwand (Foto Jürgen Schmid)

Ganz in der Nähe befindet sich eine weitere Grube größeren Ausmaßes. Das Innere der Grube ist stark mit Farnen zugewachsen. Am Auslauf der Grube in Richtung eines alten Grenzgrabens fällt eine Steinformation aus kleinen Findlingen auf. Möglicherweise könnte es sich bei der Grube auch um eine ehemalige Kultstätte handeln ohne bergbaulichen Hintergrund.

Bodenbereich Grube (Foto Jürgen Schmid)
Grubenwand (Foto Jürgen Schmid)
An der Grube vorbeiführender alter Grenzgraben (Foto Jürgen Schmid)
Kleine Steinformation am Ausgang der Grube (Foto Jürgen Schmid)

Der alte Grenzgraben führt geradlinig vom Hang mit Blick Richtung Wehlen bis zur neuen B50, im oberen Bereich parallel zum Feldweg, der durch den Weg zu „Not Gottes“ gekreuzt wird. Im Grenzgraben finden sich noch vereinzelt Grenzsteine.

Grenzstein in altem Grenzgraben (Foto Jürgen Schmid)

Dieser lange Graben mit Grenzsteinen führt nicht entlang der aktuellen Zeltinger Gemarkungsgrenze, die weiter östlich verläuft und ebenfalls als kleiner Graben noch gut sichtbar ist. Dieser Graben endet durch den Neubau der B50 etwa an der Wildbrücke. Über dem Weg zu „Not Gottes“ werden Weg und Grenzgraben von einem größeren Graben gekreuzt.

Breiter Grabe über Not Gottes (Foto Jürgen Schmid)

Bei diesem Graben könnte es sich um einen alten Hohlweg handeln, der oberhalb „Not Gottes“ vorbei führte.

Am aktuellen Zeltinger Grenzgraben befindet sich unweit von der Wildbrücke Richtung „Not Gottes“ eine weitere auffällige Steinformation, über deren Entstehung nichts weiter bekannt ist.

Steinkonstellation Zeltinger Berg (Foto Jürgen Schmid)
Der aktuelle Zeltinger Grenzgraben unweit der Wildbrücke (Foto Jürgen Schmid)

Möglicherweise weist eine Zeichenmarkierung auf der historischen Gebietskarte von Tranchot-Müffling (1811) schon auf diese Steinkonstellation in diesem örlichen Umfeld hin. Es könnte sich hier um ein „Erbe der Kelten“ handeln, eine Steinkonstellation, die zu einem ihrer magischen Kultplatz gehörte.