Vom Burgus zur Burg

Seit dem 14. Jahrhundert ist am Lösnicher Moselufer die heute nicht mehr vorhandene Burg der Ritter von Lösnich nachgewiesen. Sie befand sich oberhalb des Lösnicher Fährkopfes auf dem Gelände zwischen der Fährstraße und der heutigen Oberstraße.

Zur Moselseite hin hatte sie zwei runde Türme, in der Mitte der Anlage befand sich ein viereckiger Turm. Umgeben war die Anlage von einem etwa sieben Meter breiten Graben, der jedoch zur Moselseite hin offen war (Quelle Archiv der Reichsgrafen von Kesselstatt, STadtbibliothek Trier, Handskizzen zur Lösnicher Burganlage von 1675)

Dieser zur Moselseite hin offene Graben könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Vorläufer der Lösnicher Burg einmal Bestandteil eine befestigten römischen Hafenanlage an der Mosel war, die als „Burgus“ bezeichnet wurde. Anlagen dieser Art waren typisch, um das Be-und Entladen von Flussschiffen abzusichern. Zwei solcher Anlagen wurden beispielweise am Rhein bei Neuwied-Engers und Lahnstein nachgewiesen. Ein typischer Burgus fand sich auch im Rhein-Neckarkreis in Ladenburg.

Der schematische Aufbau eines römischen Burgus:

Schemaskizze zum Aufbau eines römischen Burgus (Ersteller Jürgen Schmid)

Um den zentralen viereckigen Turm befand sich eine Ringmauer mit vorgelagertem in Lösnich etwa 7 Meter breiten Graben. Von den 2 Türmen setzte sich bei den Römern die Schutzmauer fort bis zum Hafen, dem Anlegeplatz für die Schiffe. Die Mosel war für die Römer eine sehr wichtige Wasserstraße zur Verbindung ihrer Metropole und Kaiserstadt Trier nach Koblenz an den Rhein, von wo es dann per Schiff Richtung Köln und Mainz weitergehen konnte.

Ehemaliger Standort der Lösnicher Burg (Foto und Bearbeitung Jürgen Schmid)

Das auf der gegenüberliegende Seite der heutigen Fährstraße liegende Haus, das vor Zeiten herrschaftliche Wohnhaus ehemaliger Grundherren von Lösnich, den Grafen von Metternich und von Kesselstatt geht zurück auf einen Umbau des zur Burg gehörenden Wirtschafts- und Kelterhauses im Jahre 1683/84 zurück. Die Burg stand nach ihrer Zerstörung 1652 nicht mehr als angemessene Wohnstätte zur Verfügung. Der trapezförmige Grundriss dieses Gebäudes mit unterschiedlichen Mauerstärken lässt vermuten, dass es hier verschiedene Bauphasen auch im Bereich der Grundmauern gegeben hat. Dieser auffallend trapezförmige Grundrissform findet sich auch bei Gebäuden des ehemaligen römischen Gutshofes im Lösnicher Hinterwald wieder, beispielsweise beim Gebäude der dort entdeckten Kelteranlage.

Trapezförmiger Grundriss des ehemaligen Herren- und Pfarrhauses (Foto und Bearbeitung Jürgen Schmid)

Nachdem die Römer die Anlage spätestens im 5. Jahrhundert durch den Einfall der Germanen und Franken aufgeben mussten, wurde sie wohl im 13. Jahrhundert von dem Lösnicher Rittergeschlecht wieder zur Burg ausgebaut bis sie im 17. Jahrhundert zum Ende des 30 jährigen Krieges im Jahre 1652 durch eine marodierende französische Heerestruppe zerstört wurde. Erhalten blieb bis heute der ehemalige Kreuzgewölbekeller der ehemaligen Burg.

Der ehemalige Burgkeller 14. Jh. (Foto Jürgen Schmid)

Die Mauern im Fundamentbereich der alten Burgkellers zeigen ebenfalls für eine Burg aus fränkischer Zeit ungewöhnliche Strukturen. Auffallend vor allem die massigen Wackensteine , auf die das Mauerwerk aus Bruchsteinen an vielen Stellen aufsetzt. Diese Mauerstrukturen sind bereits bei keltischen Mauerwerken gefunden worden (Vergleich Ausgrabungen Birgitz in Tiro). Möglicherweise geht die Burg- und Besfestigungsanlage sogar auf Baueinheiten aus keltischer Zeit zurück.

Wackenfundament Burg Loesnich (Foto Jürgen Schmid)
Wackenfundament Burg Lösnich (Foto Jürgen Schmid)

Wie bereits im Beitrag zur „Breiten Straße“ beschrieben, könnte der außergewöhnlich große und lange bis auf ein Gebäude unbebaute Gartenbereich in direkter Nachbarschaft der Burg ein sogenanntes „römisches Praedium“ gewesen sein, ein römisches Landgut. Dieses wiederum könnte entstanden sein aus einer „keltischen Viereckschanze“ in unmittelbarer Nähe der Mosel. Diese Anlagen, die oft in einem kultischen Zusammenhang gesehen werden, zeigen in ihrem charakteristischen Aufbau ein rechteckiges trapezförmiges Wall- und Grabensystem mit meist einem Gebäude in der Verlängerung des Eingangstores. Dieser Aufbau erinnert sehr an das Gartengrundstück mit dem Herren- und späteren Pfarrhaus an der Fährstraße gegenüber der ehemaligen Burg.