Der Flur „Auf der Kietz“ wird 1536 erstmalig erwähnt in einem Lösnicher Scheffenweistum (Quelle Archiv der Reichsgrafen von Kesselstatt, Stadtbilbliothek Trier). Im obligatorischen Abschnitt zur Grenzbegehung des Hochgerichtsbezirks der Herrschaft Lösnich wird er mit „Cötz“ bezeichnet, 1675 heißt er in einer Flurkarte in den Archiven der Reichsgrafen von Kesselstatt leicht verändert „Kütz“, 1829 wird er im Preußischen Urkataster von den Landvermessern in der Flurkarte mit „Kietz“ eingetragen (Quelle Preußisches Urkataster, Landeshauptarchiv Koblenz, Außenstelle Kobern-Gondorf).
Aber wie kann dieses Flurstück auf dem Lösnicher Berg zwischen Kinheimer und Zeltinger Gemarkung eingeordnet werden? Heute ist es eine große Wiesenfläche mit einem geringen Baumbestand an der Grenze zur Zeltinger Gemarkung. An der südöstlichen Ecke Richtung Zeltinger Gemarkung ist die Wiese sehr feucht und recht versumpft, direkt oberhalb der Straße rechts von Lösnich kommend war noch in den 1960er Jahren ein Brunnen vermerkt.
Als Kietz bezeichnet man im allgemeinen eine Siedlungsform. Sie tritt besonders im Mittelalter gehäuft auf. Kietze befanden sich beispielsweise in der Nähe von Burgen, Flüssen oder Seen und sind dort als sogenannte „Dienstsiedlungen“ entstanden. In der Umgangssprache bewertet man heute den Begriff eher abwertend. Die Kietze lagen in der Regel außerhalb von städtischen oder dörflichen Gemeinschaften. Der Herkunft des Wortes Kietz könnte seinen Ursprung in den deutschen Wörten Kober (Tragekorb), Kote (Hütte) haben, oder auch in dem mittelniederdeutschen „kitzen“, das „eine kleine Wohnung“ bedeuten soll (Quelle Wikipedia, Kietz/Siedlung).
Man vermutet bei den ursprünglichen „Kietzen“ eine Siedlungseinheit mit einer Abhängigkeit von dem jeweiligen Burg- und Landesherren mit einer rechtlichen Sonderstellung gegenüber der umgebenden Ansiedlung. Die Bewohner dieser Dienstsiedlungen sollen zu Leistungen verschiedenster Art gegenüber ihrem Dienstherren verpflichtet gewesen sein. Die Entstehungszeit derartiger Kietze wird ins Mittelalter datiert, frühere Nachweise fehlen.
Auch in Lösnich gab es eine Burg und einen Landesherren. Diese Voraussetzung ist schon mal gegeben. Aber bisher sind noch keine Nachweise einer derartigen Ansiedlung im Lösnicher Wald bekannt geworden. Was es aber gab, war das ehemalige römische Landgut an der Kluckertsbach in unmittelbarer Nachbarschaft im Lösnicher HInterwald. Auch hier waren sicher viele Arbeitskräfte erforderlich, um das landwirtschaftiche Arbeitsaufkommen eines so großen Landguts zu bewältigen. Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, dass hier „auf der Kietz“ Arbeiter mit ihren Familien außerhalb des Landguts ihre Wohnstätten hatten und die Erinnerung daran in diesem Flurnamen wachgehalten wird.
Doch damit scheint die Deutungsmöglichkeit der Namensherkunft dieses Flurnamens noch nicht erschöpft. Im bereits erwähnten Schöffenweistum von 1536 wird ein „Coetzenbaum“ bei der Beschreibung des Grenzverlaufs der Herrschaft Lösnich aufgeführt. Könnte er bei der Namensgebung Pate gestanden haben? Als „Kotze“ bezeichnete man ein aus groben Wollzeug oder Loden hergestellten „Überwurfmantel“, ähnlich einem Poncho, meist rechteckig oder auch rund, nur in der Mitte mit einem Loch versehen zum Durchstecken des Kopfes. Dieser Wetterumhang wurde auch getragen von Viehhütern und ist heute auch noch bei Jägeren im Gebrauch. Hierzu würde passen, dass 1675 die bereits erwähnte „Kütz“ auch als Viehtrift beschrieben wird. Als Vorbild könnte die „paenula“ gedient haben, ein einfaches Überwurfkleidungsstück der Römer, das von ihnen bereits im 1. Jahrhundert getragen wurde.
Die an den Flurbereich der „Kitz“ angrenzende Flur auf Zeltinger Gemarkung führt heute den Namen „Kelz“. Dieser Flur reicht quer über das Plateau des Moselbogens und trug zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Tranchot-Müffling Karte (ab 1803) die Bezeichnung „Auf der Abtey“.