Am Dierborn und Irkelt

Der Quellbereich der heutigen Irkerts- oder Oberbach wird in einer alten Flurkarten von 1652 zur „Herrschaft Zeltang“ auch als „Lösnicher Bach“ bezeichnet. Er befindet sich an den Gemarkungsgrenzen von Lösnich und Zeltingen. Er wird erstmalig in einem Lösnicher Weistum (Spätmittelalterliche Rechtsverordnung) von 1536 als Dirborn am Ercketsgraben aufgeführt, von wo der Grenzverlauf zu Erden weitergeht zur Schneiderswiese und Weck- bzw. Wäckwiese.

Der Dierborn Im Flur Irkelt als Quelle der „Lösnicher Bach“ (Foto Jürgen Schmid)

In einer Flurzeichnung der Reichsgrafen von Kesselstatt erscheint der Flurbereich 1675 mit der Bezeichnung Thier Born („wo der thier born ligt“). Auch bei diesem Flurnamen bietet sich wieder an, sich über die keltische Mythologie der möglichen Namensherkunft anzunähern. Thier, germanisch Tyr war eine keltisch germanische Gottheit, ein Bruder von Thor (Gott des Kampfes), der  dem „Donnerstag“ den Namen gab. Tyr war als höchster Gott der Gott des Kampfes. Er wird gerne als Kämpfer für das Recht angesehen. Er stand dem Thing vor, der höchsten Versammlung. Diese Versammlung lebte weiter in den Thing-Versammlungen, die auch in der Herrschaft Lösnich im späten Mittelalter üblich waren. Auf dem wiederkehrenden herrschaftlichen „Hofgeding“ wurde den Bauern und Unternanen die herrschaftliche Gerechtigkeit vorgehalten.

Der Dierborn von der Zeltinger Höhe aus gesehen (Foto Jürgen Schmid)

Die Quellenbezeichnung Dirborn könnte aber auch entstanden sein aus dem keltischen „Duir“ für den Eichenbaum, einem sakralem Baum der Kelten, womit die Quelle als „Quelle bei den Eichen“ beschrieben werden könnte. Tatsächlich befinden sich im Umfeld der Quelle noch heute entsprechende Eichenbäume.

Alte Eichenbäume am Dirborn (Foto Jürgen Schmid)
Die Dirbornquelle entspringt an der Wurzel eines Baumes (Foto Jürgen Schmid)

Das Weistum von 1536 erwähnt im weiteren Bereich des Dirborns den Ercketgraben und weiter unterhalb die Wäckwiese. Zwei Namensgebungen, die sich nicht aus sich selbst heraus erschließen. Der benachbarte Flurbereich in Erdener Gemarkung wird im gleichen zeitlichen Umfeld als Erkeswiese erwähnt.

Der Name Ercket könnte sich womöglich aus dem althochdeutschen „erkan“ gebildet haben. Erkan steht für echt, bedeutend und heilig (Gerhhard Köbler, Althochdeutsches Wörterbuch, Auflage 6, 2014). Der bereits erwähnte Bezug auf eine heilige Stätte keltischer Druiden am Dirborn würde damit durchaus ein Sinn ergeben. Auch der Bezug zum Kriegsgott Tyr wäre möglich.

Nicht weniger interessant scheint der Name Wäckswiese für einen weiter unten am Bach liegenden Flurbezirk. Weck ist heute eine gebräuchliche Bezeichnung für ein „Brötchen“ oder eine „keilförmige“ Backware. Jacob und Wilhelm Grimm bieten in ihrem Deutschen Wörterbuch (Quelle https://www.dwds.de) einige Erklärungen zur Begrifflichkeit Weck an, die zusammengefasst darin bestehen, dass es sich um einen keilförmigen Gegenstand handelt. Weitere Interpretationen anderer Autoren sehen diesen Begriff auch im Zusammenhang mit keilförmigen Metallklumpen (Quelle Joseph Bosworth, Anglo-Saxon Dictionary online). Ist diese We(ä)ckwiese von 1536 womöglich der 1675 als Gänswiese und heute als Geiswiese erwähnte Flurbezirk unterhalb der heutigen Waldkapelle am Irkelt? Als „Gänse“ wurden die von den Kelten zur späteren Weiterverarbeitung aus Eisen geschmiedeten Spitzbarren bezeichnet (siehe Beitrag Grubenrech). Sie waren das vorläufige Endprodukt bei der Eisenerzverhüttung der Kelten. So könnten diese „keilförmigen Spitzbarren“ bei der Entstehung des Flurnamens „Weckswiese“ eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Der Flur Irkelt schließt sich in nordwestlicher Richtung an die Fluren Grubenrech und Auf der Grub an. Damit besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenhang mit der auch für den Grubenrech vermuteten Eisenererzverhüttung der Kelten.

Aber auch eine recht unspektakuläre Namensdeutung wäre möglich. Es kann sich auch einfach um die Bennung einer keilförmigen Wiese gehandelt haben.