Galgenrecht

Der Flur Galgenrecht erinnert mit seinem Namen an die ehemalige Lösnicher Gerichtsstätte aus dem Mittelalter. Die Ende der 1940er Jahre erfolgte Nutzung des Hangs hinunter bis zum Feldweg an der Böngertsbach als Weinanbaufläche wurde nach 1975 wieder aufgegeben.

Flur Galgenrecht (Foto Jürgen Schmid)

Die Herrschaft Lösnich verfügte als ursprünglich reichsfreie Herrschaft über die Hochgerichtsbarkeit. Das Gericht mit 6 Schöffen und dem Schultheiß als Richter existierte bis 1794. Seine weitreichende Rechtsbefugnis schloss die „Blutgerichtsbarkeit“ mit ein und damit auch das Recht zur Verhängung der Todesstrafe. Die Hinrichtungsstätte des Hochgerichts, der Galgen, gab dem Flur seinen Namen. Er bestand in der Regel aus drei Baumstämmen, zwei seitlichen Pfosten mit einem quer darüber liegendem Stamm.

Ob es in Lösnich selbst einmal zu einer Hinrichtung gekommen ist, kann nicht berichtet werden. Aber eine Gerichtsakte von 1575  aus dem zur Herrschaft Lösnich gehörenden Bausendorf belegt die Verurteilung eines „Caspar zu Busendorff“ zum Tode durch den Strang. Nach dem Urteilsspruch des Hochgerichts in Bausendorf am 26. Juli 1575 verbrachte er noch 19 Tage in der Lösnicher Burg, in der sich das Gefängnis befand. Mit insgesamt 9 Männern hat man ihn nach Lösnich und am 13.8.1575 wieder zurückgebracht. Man wollte wohl ganz sicher gehen. Das Urteil vollstreckte ein aus Trier herbeigeholter Scharfrichter am Galgen in Bausendorf. Der Galgen musste seinerseits nochmal neu aufgerichtet werden, weil er „in Unstand“ war. Dem Bitten und Flehen zu einer Umwandlung der Strafe am  Galgen in eine Hinrichtung durch das Schwert wurde durch die Hochgerichtsherren nicht stattgegeben. So starb der „arme Mann“ schließlich am Galgen.

In der Niederschrift heißt es dazu: „Man solle den Caspar Missetätigen zu dem Hochgericht Busendorff  führen Meister Mattheisen Scharfrichter überantworten, denselben hinterrücks die Leiter rauf bis an den Galgen und soll nehmen ein Hänfchen Strang und ihn um seinen Hals ans Holz zu heften, darin er sterben und erwürgen solle. Damit die Seele dem allmächtigen Gott, das Fleisch den Raben.“

Die Herren der Herrschaft Lösnich waren zu dieser Zeit die Ritter Beyer von Boppard. Mit der Heirat von Lisa von Lösnich, der letzten aus dem Stamm des Lösnicher Rittergeschlechts mit Heinrich Beyer von Boppard war die Lösnicher Herrschaft Mitte des 14. Jahrhunderts in den Besitz der Bopparder gelangt. Mit dem Einzug der Franzosen 1794 wurde der Feudalismus abgeschafft und damit auch das  bis dahin bestehende Rechtssystem, dem ein Schöffenweistum zugrunde lag. Eine erste handschriftliche Kopie einer Niederschrift desselben liegt vor aus dem Jahre 1529.

Zur Richtstätte selbst führte der Galgenweg, der so auch im Kataster von 1829  ausgewiesen ist. Er zweigte vom Unterdorf ab durch den Flur Im Geisgen über die Böngertsbach den Berg hinauf in den Galgenrech. 1675 trug dieser noch  den Namen „Galgenrecht“. Der Galgen selbst befand sich wohl unweit des kleinen Steinbruchs an der Biegung des von der Böngertsbach herauf kommenden Flurweges, der einmal geradeaus weiter in den Kindeler Wald führt. Etwas hinter dem Steinbruch zweigt er rechts ab und führt in Serpentienen weiter auf den Lösnicher Berg. Dieser Flurweg ist noch neueren Datums und wurde erst Ende der 1930 Jahre in der NS-Zeit angelegt. Im Volksmund trug er noch lange den Namen „SA-Weg“.

Der Hang des Galgenrechts wurde nach dem Krieg noch als Weinanbaufläche bewirtschaftet, bei der Flurbereinigung 1975 jedoch aus „Qualitätsgründen“ mehr und mehr aufgegeben. Heute hat sich die Natur den Berg wieder zurückgeholt. Nur ein paar alte und schon stark angegriffene Weinbergsmauern erinnern noch an so manchen Stellen an die ehemalige Nutzung der Flächen.

Ehemalige Weinberge am Fuße des Galgen rechts (Foto Jürgen Schmid)